Die Europäische Rundfunkunion EBU veranstaltete am Samstag, den 11. Mai, wie jedes Jahr das Finale des Eurovision Song Contest, kurz ESC. Ein Wettbewerb der großen öffentlich-rechtlichen Fernsehsender Europas, bei dem jedes Land einen Kandidaten oder eine Kandidatin entsendet, die einen Song mit, in der Regel, dazugehöriger Choreographie präsentieren. Vielseits auch als „Europameisterschaft des Singens“ betitelt, mit zwei großen Fernsehhalbfinalshows und der großen Finalshow am Samstagabend um neun Uhr. Auch die Vorentscheide, Qualifikationen und erste Shows in den Ländersendern sind hoch beliebt.
Die Quoten des Ersten Deutschen Fernsehens waren gestern Abend exorbitant. Besonders die tatsächliche Show um 21 Uhr sahen in Deutschland knapp acht Millionen Menschen.
Beim Eurovision Song Contest vergeben Jurys aus den einzelnen Ländern der EBU eine Reihe an Punkten für die Teilnehmer und Teilnehmerinnen. In der Finalshow kann dann auch das Publikum über Telefonanrufe für die ins Finale eingezogenen Kandidaten wählen. Auch hier werden dann wieder Punkte vergeben. Man kann dabei nicht für das eigene Land stimmen.
Der Eurovision Song Contest, eigentlich nach eigener Definition eine unpolitische Veranstaltung, war dieses Jahr so politisch wie noch nie. Die Stadt Malmö, in Schweden, in der der diesjährige Wettbewerb ausgetragen wurde, da der schwedische Beitrag im letzten Jahr gewonnen hatte, stand unter höchsten polizeilichen Sicherheitsvorkehrungen. Bereits im Vorfeld hatte es von vielen Seiten Kritik am Auftritt Israels gegeben, dass Mitglied der Europäischen Rundfunkgemeinschaft ist. Einige politische Akteure und Aktivisten forderten den Ausschluss Israels vom ESC, aufgrund des Krieges im Gaza-Streifen. Die Sängerin Eden Golan lebte unter ständigem Polizeischutz und aufwendigen Sicherheitsvorkehrungen, sie wohnte in einem versteckten und geheimen Ort. Bereits Tage vor der Veranstaltung hatte es in Malmö zahlreiche pro-palästinensische und teils auch anti-israelische Proteste gegeben. Zu Teilen gab es daraufhin auch Vorwürfe des Antisemitismus gegenüber einigen Protestierenden. Auch während des israelischen Auftritts gab es im Publikum in der Arena zahlreiche Akteure, die versuchten, die Veranstaltung zu stören und Buh-Rufe äußerten, wie aus dem Publikum aufgenommene Videos zeigen. Die Sängerin trat allerdings trotzdem auf und gewann dank zahlreicher Publikumspunkte mit insgesamt 375 Punkten den fünften Platz.
Auch der niederländische Kandidat Joost Klein, in Deutschland unter anderem bekannt aufgrund einer Neuauflage des Liedes des Komikers Otto Waalkes, „Friesenjung“, hatte sich bei einer Pressekonferenz, als die israelische Künstlerin Eden Golan redete, seine Niederlande-Flagge über den Kopf gezogen. Als er dann am Freitag von der zweiten Generalprobe ausgeschlossen wurde und später dann auch für das Finale disqualifiziert wurde, kursierte dies kurzzeitig als Gerücht für den Grund des Ausschlusses. Dies revidierte die Europäische Rundfunkgemeinschaft dann allerdings. Es gebe Ermittlungen der schwedischen Polizei gegen Joost Klein, aufgrund eines Vorfalls unter Einbezug einer Mitarbeiterin des Produktionsteams Kleins, gegenüber der er sich unangemessen verhalten haben solle. Auch die EBU bestätigte das und erklärte es für einen Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln. Klein wurde deshalb disqualifiziert, weil er diese gemeinsamen Regeln des Verbundes und des Wettbewerbes verletzt habe. Damit gab es statt 26 nur noch 25 Teilnehmende für das Finale. Ein Ausschluss eines ESC-Kandidaten geschah damit zum ersten Mal in der Geschichte des Song Contest.
Der langjährige deutsche Kommentator des ESC, Peter Urban, hatte im letzten Jahr aufgehört. Zuvor hatte er 25 Jahre lang den ESC im Ersten kommentiert, dazu gehörten unter anderem die Halbfinale und das Finale am Samstag. Urban wurde nun abgelöst vom deutschen Radiomoderator Thorsten Schorn, der unter anderem im zweiten Hörfunkprogramm des Westdeutschen Rundfunks moderiert. Schorn kommentierte den ESC am Samstagabend jeweils zwischen den Beiträgen und zur Erläuterung auch später während der Punktevergabe als Off-Stimme.
Der deutsche Beitrag des Sängers Isaak, „Always On The Run“, schnitt wesentlich besser ab als die vergangenen Jahre, in denen Deutschland stets den letzten oder vorletzten Platz belegte. Isaak schaffte es für Deutschland auf Platz 12, mit 99 Jurypunkten und 18 Punkten des Publikums. Die Bühnenshow war wohl unspektakulärer als viele andere Beiträge, Isaak saß zu Beginn in einem Sessel neben einer Feuerschale, um ihn herum ein Gerüst, das wohl an einen Raum, an ein Wohnzimmer erinnern sollte. Dieses ging dann später in Flammen auf. Mehr passierte aber auch nicht.
Gewonnen hat in diesem Jahr der schweizerische Beitrag von Nemo „The Code“. Mit 591 Punkten konnte er den ersten Platz recht knapp vor Kroatien und Baby Lasagna mit 547 Punkten erreichen. Nemo halfen dabei vor allem zahlreiche Jurypunkte, 365. Die Ukraine landete mit 453 Punkten auf Platz 3, mit 307 Publikumspunkten, und Frankreich mit 445 Punkten auf Platz 4. Den letzten Platz, also den 25., belegte Gåte für Norwegen mit 16 Punkten.